In der Polyamorie ist die wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Beziehung ohne Frust, dass alle Beteiligten aufrichtig und ehrlich miteinander umgehen. Eine polyamore Beziehung basiert auf Austausch, Freiheit und Respekt. Für ein harmonisches und respektvolles Miteinander lohnt es sich, gemeinsame Regeln für die offene Beziehung zu mehreren zu definieren, die für alle gleichermaßen gelten.
Wenn Sie sich vorstellen können, eine offene Beziehung mit mehreren Partnern bzw. Partnerinnen zu führen, finden Sie in diesem Artikel wertvolle Tipps, wie Sie das Projekt Polyamorie angehen können.
Was ist Polyamorie?
Polyamorie bedeutet nichts anderes als eine Form des Liebeslebens, in dem mehrere Personen beschließen, eine Beziehung zu mehreren zu führen. Dabei sind alle völlig frei in ihren Entscheidungen. Das Einvernehmen aller Beteiligten mit dem Konzept der polyamoren Beziehung wird vorausgesetzt. Für diese besondere Form der offenen Beziehung sind Kommunikation, Transparenz und gegenseitiger Respekt unabdingbar. Alle Beteiligten sind gleichberechtigt. Es gibt keine Hierarchie.
Bevor wir weiter ins Detail gehen, möchten wir die Polyamorie von anderen Beziehungsformen und Sexpraktiken abgrenzen, um mögliche Verwechslungen zu vermeiden:
- Bei der Libertinage geht es um die sexuelle Freizügigkeit mit verschiedenen Partnern, ohne dass eine Liebesbeziehung zwischen den Beteiligten entsteht oder vorhanden ist.
- Beim Swingen steht der Partnertausch im Zentrum. Für einen bestimmten Zeitraum tauschen Paare den Partner oder die Partnerin aus. Meistens geschieht dies im Rahmen von speziellen Swinger-Partys oder in Swinger-Clubs. Auch hier gibt es keine emotionale Bindung zwischen den getauschten Sexualpartnern.
- In der Polygamie werden mehrere Ehen oder eheähnlichen Beziehungen gleichzeitig geführt. In diesem Konzept gibt es klare Hierarchien zwischen allen Beteiligten. Das stellt auch den größten Unterschied zur Polyamorie dar, in der die Beteiligten alle frei handeln und gleichberechtigt sind.
Wir fassen zusammen: In einer polyamoren Beziehung gibt es sowohl eine emotionale Bindung als auch eine sexuelle Beziehung zwischen den beteiligten Personen. Polyamorie basiert auf Vertrauen, genauen Absprachen und Liebe und setzt voraus, dass sich alle in die Beziehung einbringen. Nur so kann die schwierige Balance im Beziehungsalltag mit mehreren Beteiligten gewahrt werden.
Regeln aufstellen und Grenzen setzen
Für ein polyamores Beziehungsleben im harmonischen Einvernehmen ist es wichtig, einen klaren Rahmen zu schaffen, in dem einfache, aber grundlegende Regeln für alle Beteiligten definiert werden. Der klare Rahmen sorgt für die Sicherheit, dass jede und jeder respektvoll behandelt und individuelle Entscheidungen berücksichtigt werden. Damit Sie eine Vorstellung davon bekommen, welche Regeln dieser Rahmen enthalten könnte, haben wir für Sie ein paar Beispiele aufgelistet:
- Treffen Sie Absprachen! Vereinbaren Sie, sich in regelmäßigen Abständen zu offenen und ehrlichen Gesprächen zu treffen, in denen alle Beteiligten ihre Erwartungen und Empfindungen ausdrücken und austauschen können. Wünsche, Vorlieben oder Enttäuschungen müssen offen diskutiert werden können, ohne die Kritik oder das Urteil der anderen fürchten zu müssen.
- Definieren Sie Ihre Erwartungen. Stimmen Sie sich gemeinsam ab, welche Erwartungen Sie jeweils an die polyamore Beziehung haben. Das beinhaltet zum Beispiel folgende Fragestellungen: Wie viel Zeit möchten Sie gemeinsam verbringen? Inwiefern möchten Sie sich in die Beziehung einbringen? Welche Aktivitäten möchten Sie gemeinsam ausüben? Am besten erstellen Sie eine Art Charta des Zusammenlebens, mit der alle Beteiligten einverstanden sind.
- Das gegenseitige Einvernehmen ist DIE Basis der Polyamorie. Sobald eine Person zum Beispiel mit einer Regeländerung oder mit der Aufnahme einer neuen Person in die polyamore Beziehung nicht einverstanden ist, muss dies von den anderen respektiert werden. Nur so kann die vorhandene Gruppendynamik gewahrt werden.
- Eifersucht ist ganz normal und als Emotion nur schwer steuerbar, egal, in welchem Rahmen und in welcher Form sie auftritt. Hier sind Empathie und Verständnis gefragt. Am besten besprechen Sie gemeinsam, wie Sie das Problem lösen können. Achten Sie dabei auf die gleichberechtigte Behandlung aller: Vielleicht lohnt es sich, die gemeinsam definierten Regeln nachzuprüfen und zu überarbeiten, um das gleichberechtigte Miteinander wiederherzustellen.
- Legen Sie fest, wie vertraulich die Beziehung behandelt werden soll. Soll die polyamore Beziehung geheim gehalten werden? Oder sind Sie bereit, bestimmte Informationen über Ihr Liebesleben mit Ihrem Umfeld zu teilen? Der respektvolle Umgang mit dem Privatleben aller Beteiligten ist ein wesentlicher Aspekt für die Langlebigkeit Ihrer polyamoren Beziehung.
Die ursprüngliche Beziehung pflegen
Ist Ihre polyamore Beziehung aus einer Zweierbeziehung entstanden, sollte die ursprüngliche Beziehung für Sie auch eine Sonderrolle einnehmen. Schließlich ist die ursprüngliche Zweierbeziehung die Verbindung, in die die neuen Mitglieder eingebunden wurden und die eine grundlegende Rolle für das emotionale Gleichgewicht in der polyamoren Beziehung spielt.
- Verbringen Sie mit Ihrem ersten Partner oder Ihrer ersten Partnerin regelmäßig Zeit zu zweit. Die Bindung zwischen Ihnen beiden wird auf diese Weise gefestigt und Sie pflegen Ihre ursprüngliche Beziehung.
- Zeigen Sie Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin Ihre Liebe. Auch wenn Ihre polyamore Beziehung aus mehreren Personen besteht, sollten Sie die besondere emotionale Bindung Ihrer ursprünglichen Zweierbeziehung nicht vernachlässigen.
- Teilen Sie Zeit und Zuneigung zwischen der ursprünglichen Zweierbeziehung und den neuen Partnerinnen oder Partnern gerecht auf. Niemand sollte sich vernachlässigt fühlen. Wichtig ist nur, dass die Ursprungsbeziehung so liebevoll und vertrauensvoll bleibt wie vorher.
Offener Umgang mit Polyamorie
Damit Sie ganz gelassen mit der Polyamorie umgehen können, ist Offenheit wichtig. Stehen Sie zu Ihrer Entscheidung und sprechen Sie in Ihrem Umfeld darüber. Sie werden ganz bestimmt viel Unterstützung und Vertrauen dafür zurückbekommen. Wenn Sie nicht wissen, wie Sie das Thema ansprechen sollen, finden Sie vielleicht in der nachstehenden Liste Inspirationen dafür:
- Die Information, dass Sie nun in einer polyamoren Beziehung leben, könnte einige Personen schockieren. Am besten wählen Sie für die große Neuigkeit einen geschützten Ort und einen Zeitpunkt aus, in dem alle entspannt sind.
- Informieren Sie möglichst genau über Polyamorie. Grenzen Sie Polyamorie klar von zum Beispiel sexueller Freizügigkeit ab und erläutern Sie die unterschiedlichen Begrifflichkeiten. Unterstreichen Sie, wie wichtig gegenseitiger Respekt, Liebe und Engagement für eine polyamore Beziehung sind.
- Beantworten Sie alle Fragen möglichst transparent und bitten Sie Ihr Umfeld darum, Ihre Entscheidung zu akzeptieren.
- Stellen Sie sich darauf ein, dass nicht alle verständnisvoll damit umgehen werden. Manche könnten auf Ihre Ankündigung mit Unverständnis oder sogar einer aggressiven Haltung reagieren. Das müssen Sie akzeptieren. Gehen Sie ganz gelassen auf mögliche Gegenargumente ein. Wenn Sie mit Empathie und Respekt reagieren, zeigt sich Ihr Gegenüber vielleicht etwas nachsichtiger mit Ihrer Entscheidung.
- Wenn Sie den Eindruck haben, dass es für Ihr Umfeld schwierig ist und Sie Ablehnung erfahren, suchen Sie sich Unterstützung bei Personen, die in einer ähnlichen Situation sind oder waren. Suchen Sie im Internet nach Gleichgesinnten, Gesprächsgruppen oder Vereinen, die Ihnen helfen, mit Ihrer Situation umzugehen.