Sex aus Pflichtgefühl: wenn man sich zum Sex verpflichtet fühlt

Veröffentlicht am 26. Jänner 2024 von Natalia
Sex aus Pflichtgefühl: wenn man sich zum Sex verpflichtet fühlt
Braucht ein Geschenk oder ein Gefallen eine Gegenleistung unter der Bettdecke? Das Gefühl, sich zum Sex verpflichtet zu fühlen, ist ein Tabu, das wahrscheinlich jede und jeder kennt. Unser LOVE Team leitet Sie durch das verwirrende Labyrinth aus gemischten Gefühlen und hohen Erwartungen und zeigt Ihnen den Weg hin zu einer ausgeglichenen und erfüllten Beziehung.

Man gibt es nicht gerne zu, dass man sich zum Sex verpflichtet fühlt. Daher kommt dieses Thema nicht oft zur Sprache. Wir möchten uns in diesem Artikel damit beschäftigen. Was steckt dahinter? Ist es nur das Gefühl, dass wir uns nach einer großzügigen Geste, einem Geschenk oder einem Gefallen unserem Partner gegenüber verpflichtet fühlen, oder ist es tiefer in unserer Psyche und unserer Kultur verankert? Wir gehen den psychologischen und sozialen Wurzeln dieses Gefühls auf den Grund und hinterfragen, ob diese Dynamik auch außerhalb von festen Beziehungen oder dem klassischen Dating-Rahmen existieren kann. Anschließend zeigen wir auf, wie wir uns von diesem Gefühl der Verpflichtung befreien und gesunde und ausgeglichene Beziehungen leben können, die auf gegenseitigem Respekt und sexueller Selbstbestimmung basieren.

Sex aus Pflichtgefühl: Das steckt dahinter

Wenn man Sex aus Pflichtgefühl hat, besteht ein Gefühl der Verpflichtung gegenüber einer anderen Person. Die pure Lust auf Sex, die durch gegenseitiges Verlangen oder eine emotionale Verbindung ausgelöst wird, ist nicht vorhanden. Auslöser für den Sex ist vielmehr ein Gefallen, ein Geschenk oder eine andere Form der besonderen Aufmerksamkeit, die durch den anschließenden Sex entlohnt werden soll. Es ist das Gefühl, dem anderen etwas zu schulden, das zu Sex aus Pflichtgefühl führt. Die Beziehung wird sozusagen zu einer Art Tauschhandel, bei dem der sexuelle Akt zur Währung wird.

Stellen wir uns eine konkrete Situation vor: Ihr Partner lädt Sie zum Abendessen in ein gehobenes Restaurant ein, macht Ihnen ein teures Geschenk oder erweist Ihnen einen Dienst. In solchen Momenten verspüren manche Druck, diese Großzügigkeit mit sexuellen Gefälligkeiten zurückzuzahlen. Dabei ist nicht so sehr der Akt an sich problematisch, sondern das zugrunde liegende Gefühl, nicht aus echter Lust oder Verlangen zu handeln, sondern aus einem Gefühl der Schuld heraus.
Das wirft einige wichtige Fragen zu zwischenmenschlichen Beziehungen und den damit einhergehenden, oft unausgesprochenen Erwartungen auf. Ist es normal, sich auf eine Weise verpflichtet zu fühlen, die unsere Intimität so tief berührt? Wie findet man ein Gleichgewicht zwischen Dankbarkeit und sexueller Selbstbestimmtheit, ohne sich von diesem Pflichtgefühl gefangen zu fühlen?

Woher kommt der Begriff der Schuldigkeit im Zusammenhang mit Sex?

Das Gefühl, sich zum Sex verpflichtet zu fühlen, ist ein Phänomen, das in einem komplexen Wechselspiel aus sozialen Konventionen und Geschlechterrollen verwurzelt ist und oft unbewusst von klein auf erlernt wird. Die Medien, einschließlich Fernsehen und Kino, spielen eine entscheidende Rolle bei der Verbreitung dieses Konzepts, indem sie das Bild vermitteln, dass der Austausch von sexuellen Gefälligkeiten für Geschenke oder einen Gefallen ein normales Verhalten ist, das sogar erwartet wird. Diese Darstellung in den Medien prägt unsere Wahrnehmung und Erwartungen an Liebesbeziehungen.

In einer heterosexuellen Beziehung geht dieses Gefühl der Verpflichtung zum Sex in der Regel mit geschlechtsspezifischen Stereotypen einher. Auf der einen Seite steht die weit verbreitete Vorstellung, dass der Mann ständig nach Sex verlangt, und auf der anderen Seite wird die Frau als diejenige wahrgenommen, die bei sexuellen Handlungen mitmacht, um die Harmonie in der Beziehung aufrechtzuerhalten oder um eine Gegenleistung für eine Form von Großzügigkeit zu erweisen. Diese Dynamik erzeugt ein Ungleichgewicht und Druck innerhalb der Partnerschaft.

Dies ist jedoch dabei, sich zu ändern, was zum Teil auf Bewegungen wie #MeToo zurückzuführen ist. Die Bedeutung der weiblichen Lust und der sexuellen Selbstbestimmung stehen heutzutage stärker im Fokus. Etablierte Normen werden in Frage gestellt, wodurch auch die Erwartungen an Liebesbeziehungen und das Sexleben auf den Prüfstand gestellt werden. Die Tatsache, dass Sex niemals als Gegenleistung erbracht oder als Verpflichtung gesehen werden sollte, beginnt sich zunehmend im kollektiven Bewusstsein zu verbreiten.

Dieser Bewusstseinswandel hilft, die veralteten Vorstellungen von Pflichtsex abzubauen und ein Bild von Beziehungen zu fördern, in denen gegenseitiger Respekt, die gemeinsame Lust und die sexuelle Selbstbestimmung im Vordergrund stehen.

Wann es zu Pflichtsex kommen kann

Das Gefühl, sich zum Sex verpflichtet zu fühlen, beschränkt sich nicht auf Gelegenheitsbekanntschaften oder erste Dates, sondern spielt auch in langfristigen Beziehungen eine Rolle, auch in der Ehe.

Wenn man als Single unterwegs ist oder gerade frisch in einer neuen Beziehung ist, kann es in scheinbar harmlosen Situationen dazu kommen, dass man sich zu sexuellen Gefälligkeiten verpflichtet fühlt. Wenn man beispielsweise einen Drink annimmt, den man in einer Bar ausgegeben bekommt, kann man sich verpflichtet fühlen, sich mit dem großzügigen Spender zu beschäftigen und zu unterhalten. Ähnlich verhält es sich, wenn man bei einem Date in ein teures Restaurant eingeladen wird. Der Druck, sich später im Bett zu revanchieren, ist bei vielen spürbar, auch wenn dies nicht explizit zum Ausdruck gebracht wird.

In einer Ehe oder einer längeren Beziehung kann das Gefühl, sich zum Sex verpflichtet zu fühlen, ebenfalls entstehen. Diese Fälle sind aber meist etwas komplexer. So kann man sich beispielsweise verpflichtet fühlen, die sexuellen Bedürfnisse der anderen Person zu erfüllen, um Glück und Harmonie in der Beziehung aufrechtzuerhalten. Dieser Druck wird manchmal in Situationen verschärft, in denen es ein finanzielles Ungleichgewicht gibt, wie z. B. eine erhebliche Diskrepanz im Einkommen der Partner. In solchen Fällen kann die Person, die weniger verdient, eine Art implizite Schuld empfinden, zu glauben, dass diese Differenz durch andere Mittel, einschließlich Sex, ausgeglichen werden muss.

Die Wahrnehmung, Partnerin oder Partner gegenüber in sexueller Schuld zu stehen, wirft insbesondere in langen Beziehungen grundlegende Fragen zum Machtgleichgewicht und zur Kommunikation innerhalb der Beziehung auf. Diese Dynamik zu erkennen und anzugehen ist entscheidend, um eine Beziehung zu führen, die auf gegenseitigem Respekt, Verständnis und sexueller Selbstbestimmung beruht.

Wie kommt man da heraus?

Wenn Sie dein Eindruck haben, dass Sie Sex aus Pflichtgefühl haben, sollten Sie sich überlegen, wie Sie Ihrem Partner bzw. Ihrer Partnerin verständlich machen können, dass Sie das nicht mehr möchten.
Wenn Sie sich Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin gegenüber in der Schuld fühlen, ist es wichtig, an Ihrem Selbstwertgefühl und Ihrem Selbstvertrauen zu arbeiten. Der entscheidende Punkt ist, dass Sie in einer Liebesbeziehung zu nichts verpflichtet sind. Schließlich sind Sie füreinander da. Ihr gemeinsamer Einsatz für eine funktionierende Beziehung ist wertvoller als jede sexuelle Gefälligkeit. Machen Sie sich bewusst, dass Liebe, Zuneigung und Aufmerksamkeit nicht als Währung im Geschäft der Liebe verstanden werden dürfen, sondern einfach nur ein spontaner und ehrlicher Ausdruck von Gefühlen sind.
Wenn Sie dein Eindruck haben, dass sich Ihr Partner oder Ihre Partnerin Ihnen gegenüber zu Sex verpflichtet fühlt, sind ein transparenter Umgang damit und ein offenes und ehrliches Gespräch unerlässlich. Sprechen Sie darüber, welche Rolle Sie beide in Ihrer Beziehung innehaben. Versichern Sie Ihrem Partner bzw. Ihrer Partnerin, dass Sie sehr schätzen, dass Sie immer füreinander da sind und nicht das, was er oder sie im Gegenzug "bieten" kann. Indem Sie sich gegenseitig versichern, dass Ihre Liebe und Ihr Respekt nicht entlohnt werden müssen, tragen Sie dazu bei, das Gefühl von Verpflichtungen und Schuld zu zerstreuen.

Das Thema Sex aus Pflichtgefühl ist ein sehr komplexes Thema, das wir Ihnen hoffentlich mit diesem Artikel etwas näherbringen und entwirren konnten. In einer gesunden und liebevollen Beziehung sollte das Gefühl, sich zum Sex verpflichtet zu fühlen, keinen Raum haben. Es ist ganz leicht, dies zu verhindern, nämlich indem Sie offen und ehrlich miteinander umgehen, sich gegenseitig respektieren und auf Ihre Intuition hören.

Zum Schluss möchten wir Sie ermutigen, sich niemals irgendjemandem gegenüber verpflichtet zu fühlen, vor allem nicht in einer Liebesbeziehung. Liebe und Zuneigung sind ein Geschenk und ein Geschenk gibt man gerne, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Indem Sie füreinander da und authentisch sind, machen Sie sich das schönste Geschenk, das man sich in einer Beziehung machen kann.